Die Zahlen sind beeindruckend und zeichnen ein völlig anderes Bild als noch vor einem Jahr. Laut einer aktuellen Harris-Umfrage zu generativer KI geben 72 Prozent der europäischen Unternehmen an, Richtlinien für generative KI in ihrem Unternehmen einzuführen oder bereits eingeführt zu haben. Bei der Befragung von Führungskräften fällt das Urteil noch deutlicher aus: 92 Prozent glauben, dass KI eine Vielzahl von Funktionen beeinflussen wird.
Adrian Gregory von Harris sagt: „Diese Daten zeigen deutlich die wachsende Bedeutung von KI für Unternehmen, wenn es um die digitale Transformation geht. Von der Produktivitätssteigerung über die Optimierung des Kundendienstes bis hin zur Verbesserung von Automatisierungsabläufen – das Verständnis dafür, wie generative KI am besten eingesetzt werden kann, wird für den künftigen Erfolg eines Unternehmens von entscheidender Bedeutung sein.“
Im Vergleich zu anderen Wirtschaftsregionen ist das Interesse an KI in der EU am höchsten. Dies bestätigt auch eine globale Analyse von Gartner, nach der derzeit 55 Prozent aller Unternehmen am Einsatz von KI arbeiten, in zehn Prozent der Fälle wird KI bereits eingesetzt. Aber auch hier zeigt sich eine enorme Trendwende: Vor rund einem Jahr lag dieser Wert noch bei 15 Prozent.
„Unternehmen reden nicht nur über generative KI – sie investieren Zeit, Geld und Ressourcen, um sie voranzutreiben und Geschäftsergebnisse zu erzielen”, so Frances Karamouzis von Gartner. ” KI steht jetzt auf der Agenda von CEOs und Vorständen, die das transformative Potenzial dieser Technologie nutzen wollen.”
Die EU will nun Unternehmen bei der Umsetzung praxisnaher KI-Projekte unterstützen. Gemeinsam mit den Mitgliedstaaten und 128 Partnern aus Forschung, Industrie und öffentlichen Einrichtungen wurde beschlossen, 220 Millionen Euro in vier sektorale Test- und Experimentiereinrichtungen für KI zu investieren. Ziel ist es, vertrauenswürdige KI effizienter auf den Markt zu bringen.
Die Testing and Experimentation Facilities (TEFs) sind in vier Bereiche unterteilt, die unterschiedliche Themen abdecken:
Seit dem Siegeszug der generativen KI im Consumer-Bereich sind die Anwendungsfälle auch in der Industrie sprunghaft angestiegen. KI in der Praxis geht mittlerweile weit über den klassischen Anwendungsfall der vorausschauenden Wartung hinaus. Dies zeigen aktuelle Beispiele aus der Industrie.
Das deutsche Robotik-Startup fruitcore robotics hat einen auf ChatGPT basierenden KI-Copilot entwickelt und in sein neues Betriebssystem integriert. Der Copilot beantwortet Fragen in Echtzeit und in natürlicher Sprache, sodass Supportanrufe in vielen Fällen der Vergangenheit angehören. Möchte der Anwender beispielsweise wissen, wie er die von der Kamera ermittelte Teileposition an den Roboter übermittelt, kann er diese Frage per Textprompt an den AI-Copilot richten und erhält innerhalb weniger Augenblicke den entsprechenden Codebaustein.
„Künstliche Intelligenz trägt maßgeblich zu einer agileren und flexibleren Automatisierung bei und wird zweifellos die Automatisierungslandschaft grundlegend verändern. Wir sind stolz darauf, als Vorreiter die erste GPT-Integration in der Industrierobotik umgesetzt zu haben“, so Patrick Heimburger, Geschäftsführer von fruitcore robotics.
Der Copilot kann nicht nur Funktionen, Programmbausteine und Programmvorlagen generieren, sondern auch Programme optimieren, korrigieren und mögliche Fehler frühzeitig erkennen. Durch Korrekturvorschläge können diese Fehler dann schnell behoben werden. Nicht zuletzt fungiert der KI-Copilot auch als eine Art persönlicher Trainer und Sparringspartner, der sogar bei der beruflichen Weiterbildung unterstützen kann.
Auch der deutsche Software-Primus SAP setzt voll auf die Kommunikation mit KI und integriert seinen KI-Assistenten “Joule” in sein gesamtes Cloud-Portfolio. Damit können Anwender ihre Aufgaben schneller erledigen. Gleichzeitig wird die Effizienz sicher und Compliance-konform gesteigert.
„Weltweit arbeiten fast 300 Millionen Nutzer in Unternehmen regelmäßig mit Cloudlösungen von SAP. Joule hat somit das Potenzial, die Geschäftsabläufe von Unternehmen und die Arbeitsweise ihrer Mitarbeitenden neu zu definieren“, so CEO Christian Klein. „Joule nutzt die einzigartige Fähigkeit von SAP, Technologie und Geschäftsprozesse miteinander zu verknüpfen. Der Assistent baut auf unserem Konzept für KI in Unternehmen auf, die relevant, verlässlich und verantwortungsvoll ist. Joule versteht nicht nur die Anweisung des Nutzers, sondern auch den betriebswirtschaftlichen Kontext.“
Mit Joule eröffnen sich den SAP-Anwendern ganz neue Möglichkeiten. Mitarbeitende stellen einfach per Sprachbefehl eine Frage oder formulieren ein zu lösendes Problem. Daraufhin erhalten sie intelligente Antworten, die auf einer Vielzahl von Geschäftsdaten aus dem gesamten SAP-Portfolio sowie aus Quellen von Drittanbietern basieren, wobei der Geschäftskontext erhalten bleibt. Beispielsweise könnte ein Hersteller mit Hilfe von Joule seine Vertriebsleistung besser verstehen. Joule ist in der Lage, leistungsschwache Regionen zu identifizieren oder mit Datensätzen zu verknüpfen, die auf ein Problem in der Lieferkette hinweisen. Es ist auch möglich, sich automatisch mit dem Lieferkettensystem zu verbinden, um dem Hersteller entsprechende Lösungen anzubieten.
In der Automobilindustrie wird KI in immer mehr Bereichen eingesetzt. Audi treibt die Digitalisierung seiner Produktion voran: Nach einem erfolgreichen Pilotprojekt starten die Vier Ringe nun den Rollout einer KI zur Qualitätskontrolle von Schweißpunkten im Karosseriebau.
„Digitalisierte Fertigungslinien sind eine Grundlage für die Audi Produktion der Zukunft: Im Rahmen unserer Produktionsstrategie ‚360factory‘ werden wir die Fertigung an den weltweiten Audi Standorten noch effizienter gestalten. Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Serie hat dabei sehr großes Potenzial“, so Gerd Walker, Audi Vorstand für Produktion und Logistik.
Mit Hilfe künstlicher Intelligenz analysiert Audi am Standort Neckarsulm pro Schicht rund 1,5 Millionen Schweißpunkte an 300 Fahrzeugen. Zum Vergleich: Bislang überwachen Mitarbeitende in der Produktion die Qualität der Prozesse beim sogenannten Widerstandspunktschweißen stichprobenartig manuell mit Ultraschall – und kontrollieren dabei etwas mehr als 5.000 Schweißpunkte pro Fahrzeug. Durch den Einsatz von KI können sich die Mitarbeitenden nun auf mögliche Auffälligkeiten konzentrieren und so die Qualität noch effizienter und zielgerichteter kontrollieren.
Trumpf nutzt die neuen Möglichkeiten der Bilderkennung für Produktivitätssteigerungen beim Laserschweißen. Das Hochtechnologieunternehmen hat eine KI-Anwendung für Laser entwickelt, die die Produktion noch effizienter macht. Damit können beispielsweise Hersteller von Elektroautos mehr Elektromotoren in kürzerer Zeit produzieren. Außerdem gibt es weniger Nacharbeit und Ausschuss.
„Wir wollen künftig mit KI das Gesamtsystem Laser, Optik, Sensorik und Software auf ein neues Leistungsniveau heben. Wir treiben deshalb die Entwicklung weiterer KI-Lösungen voran, die Laserprozesse in der Industrie noch leistungsstärker und wirtschaftlicher machen sollen”, so Christian Schmitz, CEO Lasertechnik Trumpf. Das KI-Verfahren hat sich in der Serienproduktion für die E-Mobilität bereits in der Praxis bewährt und lässt sich bei verschiedenen Laserschweiß-Anwendungen einsetzen.
Damit die Schweißnaht immer an der richtigen Stelle sitzt, muss die Sensorik des Lasers die Schweißgeometrie exakt auf dem Bauteil positionieren – sonst droht Ausschuss. Verschmutzungen oder Kratzer auf dem Bauteil, schlechte Lichtverhältnisse im Arbeitsraum oder stark reflektierende Materialien wie Kupfer erschweren die Positionierung. Die KI-Lösung von Trumpf unterstützt die Bildverarbeitung und reduziert so solche Störeinflüsse.
Siemens hat kürzlich sein Engagement für KI mit einer Investition von einer Milliarde Euro am Standort Erlangen bekräftigt. Dort will Siemens die Produktion der Zukunft aufbauen. Dabei soll das „industrielle Metaversum“ helfen, in dem KI eine entscheidende Rolle spielt. Doch schon jetzt setzt Siemens KI in verschiedenen Bereichen ein und setzt dabei auf Partnerschaften mit den globalen IT-Giganten. Die neue Siemens Teamcenter App für Microsoft Teams nutzt KI, um Produktivität und Innovation über den gesamten Produktlebenszyklus zu steigern – von Design und Entwicklung über die Fertigung bis hin zum operativen Betrieb.
„Die Integration von KI in Technologieplattformen wird einen tiefgreifenden Wandel unserer Arbeitsweisen und Betriebsabläufe in Unternehmen bewirken“, sagt Scott Guthrie, Executive Vice President, Cloud + AI, Microsoft. „Gemeinsam mit Siemens erschließen wir die Stärken der KI für mehr Industrieunternehmen und ermöglichen es ihnen, Arbeitsabläufe zu vereinfachen, Silos zu überwinden und inklusiver zusammenzuarbeiten, um kundenzentrierte Innovationen zu beschleunigen.“
Mit der neuen Teamcenter-App für Microsoft Teams, die im Laufe des Jahres 2023 erwartet wird, ermöglichen Unternehmen ihren Konstrukteuren, Service- und Produktionsmitarbeitern sowie Teams in allen Geschäftsbereichen, Feedbackschleifen schneller zu schließen und Herausforderungen gemeinsam zu lösen. So können beispielsweise Servicetechniker oder Produktionsmitarbeiter über mobile Geräte mögliche Probleme bei Produktdesign oder Qualität in natürlicher Sprache dokumentieren und melden. Über den Azure OpenAI Service kann die App diese informellen Sprachdaten analysieren, daraus automatisch einen zusammenfassenden Bericht erstellen und diesen innerhalb von Teamcenter an die entsprechenden Experten aus Design, Entwicklung oder Produktion weiterleiten.
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