KI und Ethik
KI-Ethik

Innovation und Regulierung der Künstlichen Intelligenz im Einklang bringen

Bei KI sind disruptive Innovationen an der Tagesordnung. Der zukünftige Entwicklungspfad ist. Daher ist es für Entscheidende gerade jetzt wichtig, sich tiefergehend mit Ethik der Künstlichen Intelligenz auseinanderzusetzen. Ein Handlungsleitfaden von Saara Hyvönen.
Inhaltsverzeichnis: Innovation und Regulierung der Künstlichen Intelligenz im Einklang bringen

Grundlegende Überlegungen zur Ethik in KI und deren Risikoklassen

Bei der Diskussion über den ethischen Umgang mit Künstlicher Intelligenz ist es zentral, sowohl die Absicht (= wofür die KI verwendet wird) als auch die Realisierung und Implementierung der Technologie (= wie KI entwickelt wird) zu berücksichtigen. Die Art der eingesetzten KI, ob es sich nun um neuronale Netze mit tiefem Lernvermögen oder einfache regelbasierte Logik handelt, ist weniger wichtig als der Gebrauch der KI selbst.

Die Regulierung sollte sich auf definitorische Fragen rund um akzeptable Verwendungszwecke konzentrieren, wie beispielsweise die Entwicklung besserer Impfstoffe, und inakzeptable Verwendungszwecke, wie etwa den Einsatz von KI-generierten Medien zur subtilen Manipulation von Menschen.

Der kommende AI-Act der EU wird sich im Detail damit befassen, welche Anwendungen nicht erlaubt sind und welche Anwendungen als besonders risikoreich gelten. Dabei werden verschiedene Risikoklassen definiert, die jeweils unterschiedliche Anforderungen haben. KI Anwendungen, die der Ethik der EU-Grundsätze widersprechen und ein inakzeptables Risiko darstellen, sollen vollständig verboten werden.

Datenverzerrungen, Chancengleichheit und Transparenz

Bei der Entwicklung von KI-Lösungen und deren Umsetzung sollten wir zunächst analysieren, welche ethischen und moralischen Aspekte zu berücksichtigen sind. Dazu zählt die Frage, wie wir beispielsweise mit potenziellen „Datenverzerrungen“ umgehen und für Chancengleichheit sorgen können. Dazu gehört auch, dass potenzielle Fallstricke wie fehlende Perspektiven identifiziert und berücksichtigt werden müssen.

Während die Art der KI in Bezug auf das „Was“ weniger relevant ist, spielt sie bei der Herangehensweise („Wie“) durchaus eine Rolle. Überlegungen zur Schaffung von Transparenz sind essenziell, damit die Menschen verstehen, was sie von der KI, mit der sie es zu tun haben, erwarten können. Dies ist besonders in Hochrisikobereichen wie der Strafverfolgung oder dem Gesundheitswesen bedeutsam, wie sie auch im AI-Act zum Ausdruck kommen.

AI Ethik und General Purpose AI: Beabsichtigte und unbeabsichtigte Zwecke

Wir können die Diskussionen über die Intention und Entwicklung, also über das Wofür und das Wie bei der KI nicht voneinander trennen. Das zeigen gerade die jüngsten Entwicklungen im Bereich von „General Purpose AI (GPAI)”.

GPAI bezeichnet ein KI-System, das in der Lage ist, allgemein anwendbare Funktionen wie Bild- und Spracherkennung, Audio- und Videogenerierung, Mustererkennung, Beantwortung von Fragen, Übersetzung usw. auszuführen.

Dabei kann es mehrere sowohl beabsichtigte als auch unbeabsichtigte Zwecke verfolgen. In letzter Zeit haben wir insbesondere viele Anwendungen beobachtet, die generative KI-Tools wie ChatGPT oder Midjourney einsetzen. Wir brauchen hier umso mehr Transparenz darüber, wie diese Modelle funktionieren und wie sie eingesetzt werden.

Dazu gehört einerseits die Transparenz über die grundlegenden Modelle selbst. Entwickler:innen und Regulierungsbehörden benötigen diese Transparenz, um die Nutzung und die Risiken der KI adäquat beurteilen zu können. Dazu gehört andererseits die Transparenz darüber, wie sie verwendet werden. Dies ist für die Nutzer:innen relevant, um zu verstehen, welche Risiken sie eingehen und wie Ergebnisse einzuschätzen sind.

Potenziale von Industrial AI für Wirtschaft und produzierende Industrie

Künstliche Intelligenz besitzt ein enormes Potenzial in verschiedenen wirtschaftlichen Bereichen. Die Palette reicht von der Entwicklung neuer Medikamente über KI-gesteuerten Enzymen für Zersetzung von Kunststoffabfällen bis zum autonomen LKW-Verkehr von Hub zu Hub. Generative KI – KI, die in der Lage ist, Texte oder Bilder nach Bedarf zu erzeugen – hat die Auswirkung der KI auf neue Bereiche wie die Kreativität erweitert.

Während wir noch dabei sind, das Potenzial von Industrial AI zu entdecken, gibt es bereits konkrete Einsatzmöglichkeiten für generative KI, beispielsweise zur Steigerung der Produktivität durch den Einsatz von assistierender KI und zur Ermöglichung hyper-personalisierter Interaktionen.

Wenn wir über Fertigung im Besonderen sprechen, ist es einfach, die potenziellen Einsatzmöglichkeiten von KI aufzuzählen, zum Beispiel im Bereich intelligenter Fabriken. Sie kann die betriebliche Effizienz verbessern und Lieferketten wie Lager- und Personalabläufe optimieren.

Allerdings ist es aufgrund der Geschwindigkeit, mit der gegenwärtig neue Technologien und Paradigmen eingeführt werden, äußerst schwierig, einen konkreten Wert allgemein für die Wirtschaft oder die Fertigungsindustrie festzulegen.

Schutz vor möglichen Gefahren durch KI: Ethik & KI im Dialog

Wir erleben derzeit eine enorme Beschleunigung der KI-Transformation durch die Einführung neuer KI-Technologien. Das bedeutet, gerade jetzt müssen wir der Identifizierung und Abschwächung von Risiken besondere Aufmerksamkeit schenken. Dabei gibt es insbesondere drei Ebenen zu berücksichtigen:

  1. Die Gewährleistung von Fairness: Erstens müssen wir im Zusammenhang mit KI-Ergebnissen sicherstellen, dass KI-Systeme keine Gruppen von Menschen diskriminieren oder aus menschlichen Vorurteilen lernen. Stattdessen ist es wichtig, potenzielle Voreingenommenheiten zu messen und abzumildern. Zweitens muss auch hinsichtlich der Verfügbarkeit von KI-Lösungen Moral und Fairness gewährleistet werden: Es muss sichergestellt werden, dass die Vorteile für alle zugänglich sind und nicht nur für den digital versierten Teil der Bevölkerung.
  2. KI Ethik und Medienkompetenz: KI wird die Art und Weise verändern, wie wir Dienstleistungen in Anspruch nehmen und wie wir unsere Arbeit verrichten. Wir müssen das Bewusstsein der Öffentlichkeit dafür schärfen, wie diese neuen KI-Modelle funktionieren und worauf zu achten ist. Menschen sollten in der Lage sein, die Ergebnisse z. B. generativer Modelle zu “lesen” und zu verstehen, dass das Bild des Papstes mit dem schicken Mantel eine Fälschung sein könnte, und dass alle Antworten, die KI-Tools wie ChatGPT geben, nicht unbedingt den Tatsachen entsprechen. Kurzum, es benötigt neue KI-Kompetenz, um einen verantwortungsvollen Einsatz von KI zu fördern, potenzielle Risiken zu minimieren und gleichzeitig die Vorteile der KI-Technologie zu nutzen.
  3. Die Weichen für die Zukunft der KI stellen: Das vielleicht wichtigste Thema ist die Frage, wohin wir unsere Zukunft lenken wollen, auch um beispielsweise den verantwortungsvollen und moralischen Umgang mit KI zu finden. Wie soll die Zukunft aussehen? Was sind die Probleme, die wir mit KI in Zukunft lösen wollen? Was ist die “KI-freie Zone”? Und warum? Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, uns diese Fragen zu stellen, um den Kurs der KI-Entwicklung in die richtige Richtung zu lenken und ausreichende Leitplanken durch Regulierung zu gewährleisten.

Regulierung im Sinne der KI und Ethik: Innovationen nicht einschränken

Die nötige Regulierung darf Innovation aber auch nicht die Luft abschnüren. Regulationen sollten nur Leitlinien für das Tun und Lassen vorgeben, um Risiken zu verhindern und das Vertrauen in die entwickelten KI-Lösungen zu stärken. Gleichzeitig sollten sie einen Rahmen skizzieren, innerhalb dessen KI-Innovationen gedeihen können. Wir brauchen also eine angemessene und eindeutige Regulierung rund um künstliche Intelligenz, die sowohl Sicherheit gibt als auch Innovationspotenzial zulässt.

Zur Person

Saara Hyvönen ist eine der drei Mitbegründerinnen von DAIN Studios, dem führenden KI-Beratungsunternehmen mit Niederlassungen in vier Ländern Europas. Sie verfügt über einen Doktortitel in Mathematik und umfangreiche Erfahrung in der Anwendung von Datenwissenschaften sowohl im akademischen als auch im geschäftlichen Umfeld, etwa als Postdoktorandin im Bereich Datenwissenschaften an der Universität Helsinki und als Leiterin der globalen CRM-Analyse bei Nokia.

Ihr Spezialgebiet sind Daten- und KI-Strategieentwicklung, die Identifizierung optimaler Datenanwendungsfälle und die Definition der damit verbundenen Anforderungen an Daten, Architektur und Compliance. Sie sucht Antworten auf die ganze Bandbreite an Was-, Warum- und Wie-Fragen. 2021 wurde sie unter den 100 brillanten Frauen in AI-Ethics angeführt.

„Ich liebe es, Daten zum Funktionieren zu bringen!“

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Saara Hyvonen

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